Hämato-Onkologische Erkrankungen und Therapien

Die Hämato-Onkologie ist ein Fachgebiet der Hämatologie, das sich mit der Erforschung, Diagnose und Behandlung von Tumorerkrankungen des Knochenmarks, des Blutes und des lymphatischen Systems wie Leukämien, myeloproliferativen Neoplasien, myelodysplastischen Syndromen, Lymphomen oder Myelomen beschäftigt.

Hämatologen sind darauf spezialisiert, Blutzellen und ihre Entwicklungsmechanismen zu verstehen. Insbesondere untersuchen sie die Pathogenese dieser Zellen, die zu Krebserkrankungen, manchmal mit chronischem Verlauf, führen, um eine geeignete Behandlung vorschlagen zu können. Die Universitätsklinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor ist um Experten für jede dieser Krankheitsbilder herum organisiert. Alle Patientinnen und Patienten, die wegen einer Pathologie des Fachgebietes behandelt werden, unterliegen einer Begutachtung oder gar Behandlung durch die Universitätsklinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor. Die Hämatologen koordinieren mit Hilfe der Teams aus den diagnostischen Labors und dem Pflegepersonal den Verlauf der Betreuung und Behandlung der Patientinnen und Patienten.

Die Behandlungen, die den Patientinnen / Patienten angeboten werden, basieren auf Grundlagen-, translationaler und klinischer Forschung. Patienten und Patientinnen werden in klinischen Studien behandelt, was einen sehr frühen Zugang zu neuen Medikamenten und neuen Konzepten in der Hämatologie ermöglicht.

Wenn eine Behandlungsbedürftige hämatologische Neoplasie vorliegt, werden unterschiedliche Krebstherapien eingesetzt. Diese werden je nach Krankheit und je nach Situation einzeln oder miteinander kombiniert angewandt:

Chemotherapie

Die Chemotherapie ist eine Behandlung mit Medikamenten, welche die Vermehrung von Krebszellen hemmen oder stoppen. Die meisten klassischen Chemotherapeutika, insbesondere die Zytostatika, wirken auf den Zellzyklus und sind besonders wirksam bei sich rasch teilenden Zellen.

Chemotherapeutika werden oft miteinander oder mit anderen Therapien z.B. Immuntherapien kombiniert eingesetzt. Je nach Substanz und Anwendung werden sie als Infusion, Injektion oder Tabletten verabreicht.

Chemotherapeutische Medikamente zielen auf Krebszellen ab, zerstören aber auch gesunde Zellen, die sich schnell teilen, was zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall und Müdigkeit führen kann. Diese Effekte, die je nach Medikament und individueller Verträglichkeit variieren, sind vorübergehend.

Zielgerichtete Therapien

Mit dem besseren Verständnis der Entstehung von Neoplasien und Fortschritten in der Krebsforschung ist es gelungen, für viele Erkrankungen molekulare Strukturen zu identifizieren, die bei der Entstehung und beim Fortschreiten einer Tumorerkrankung eine entscheidende Rolle spielen. Für einige dieser Schlüsselstrukturen sind Medikamente entwickelt worden, mit welchen manche Krebserkrankungen besser behandelt werden können als mit den klassischen Chemotherapien. Diese Behandlungen nennt man zielgerichtete Therapien oder «targeted therapies».

Gewisse Zielstrukturen und Biomarker sind inzwischen Teil der Routinediagnostik und werden regelmässig bei bestimmten Tumorerkrankungen untersucht und die Behandlung gezielt nach deren Vorhandensein oder Abwesenheit angepasst. Manche Biomarker kommen auf unterschiedlichen Tumorerkrankungen vor. Andererseits haben nicht alle Patienten mit der gleichen Tumorerkrankung die gleichen Biomarker. Die genaue Bestimmung dieser Biomarker erlaubt eine bessere Anpassung der Therapie.

Dieses enge Zusammenspiel von modernen diagnostischen Untersuchungsmethoden, insbesondere der molekularen Diagnostik, und der Anwendung gezielter Therapien ist ein wichtiger Bestandteil der personalisierten Medizin (oft Synonym mit precision medicine verwendet). Von der personalisierten Medizin erhofft man sich, anhand von genauer Biomarkeranalyse, insbesondere der genetischen Veränderungen in den Tumorzellen, die Behandlung möglichst genau an den einzelnen Patienten anzupassen. Die personalisierte Medizin ist bei vielen Krebstherapien noch keine Routineanwendung, wird aber bei einigen Tumorerkrankungen in klinischen Studien untersucht.

Immuntherapie

  • Monoklonale Antikörper werden im Labor hergestellt, wirken aber ähnlich wie vom Körper selbst produzierte Antikörper. Sie werden so designt, dass sie an spezielle Oberflächenstrukturen auf Krebszellen binden. Dadurch kann das körpereigene Immunsystem die Krebszellen besser erkennen und zerstören. Monoklonale Antikörper kommen beispielsweise gegen Lymphome und Leukämien der B-Lymphozyten oder gegen das Multiple Myelom zum Einsatz.
  • Checkpoint-Inhibitoren lösen die natürlichen Bremsen des Immunsystems. Diese Bremsen (oder Checkpoints) verhindern normalerweise, dass das Immunsystem zu stark reagiert. Wenn sie deblockiert werden, kann die körpereigene Immunabwehr stärker gegen Krebszellen aktiv werden. Mehrere Moleküle mit unterschiedlichen Wirkmechanismen (Anti-PD-1, Anti-PD-L1, Anti-CTLA-4) werden bereits bei bestimmten Krebsarten und in der Hämatologie beim Hodgkin-Lymphom eingesetzt.
  • Immunmodulatoren verändern die Aktivität des Immunsystems. Eine erhöhte Aktivität des Immunsystems kann in gewissen Fällen hämatologische Neoplasien besser in Schach halten oder zurückdrängen. Ein Beispiel ist die Anwendung von Interferon bei myeloproliferativen Neoplasien.
  • CAR-T-Zellen sind bestimmte körpereigene Immunzellen (T-Lymphozyten), die aus Patientenblut gesammelt und anschliessend im Labor manipuliert werden. Die T-Lymphozyten werden so modifiziert, dass sie an bestimmte Oberflächenstrukturen auf Krebszellen binden können und die Krebszellen direkt oder mit Hilfe des körpereigenen Immunsystems abtöten. Die CAR-T-Zell-Therapie ist eine neue Therapie, die derzeit in unserer Abteilung klinisch getestet wird.

Stammzelltransplantation

Es gibt zwei Methoden der Stammzelltransplantation:

  • Autologe Stammzelltransplantation
    Bei dieser Technik werden hämatopoetische Stammzellen aus dem eigenen Blut des Patienten gesammelt und gelagert (durch Einfrieren). Diese Zellen werden dann nach einer intensiven Chemotherapie-Behandlung wieder injiziert, um die Dauer der Aplasie zu reduzieren und die Erholung des Knochenmarks zu beschleunigen.

  • Allogene Stammzelltransplantation
    Sie wird in Betracht gezogen, wenn Therapien wie Chemotherapien, gezielte Therapien oder andere Immuntherapien Behandlungen zu wenig wirksam sind um eine ausreichende gute Behandlung oder eine Heilung zu erreichen. Diese Technik besteht in der Injektion von hämatopoetischen Stammzellen eines HLA-kompatiblen Spenders, nachdem das Knochenmark und das Immunsystem des Patienten durch Chemotherapie +/- Strahlentherapie vollständig zerstört wurden. Spender können aus der Familie oder von der freiwilligen Spenderliste (anonyme Spende) stammen.

Strahlentherapie

Die Strahlentherapie (Bestrahlung, Radiotherapie) ist eine Behandlung, die hochdosierte Strahlen zum Abtöten von Krebszellen verwendet.

Bestrahlung wird oft lokoregionär angewandt, so dass nur bestimmte Körperareale, die von Tumorzellen befallen sind, erfasst werden. Im Gegensatz dazu wird bei der Ganzkörperbestrahlungstherapie (total body irradiation, TBI) das Knochenmark und das Immunsystem zerstört. Die TBI kommt nur in speziellen Situation zusammen mit Chemotherapie vor einer allogenen Stammzelltransplantation zum Einsatz.